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Parodontitis-Behandlung für 30 Millionen Patienten erhalten – Mehr als 15.000 Protestschreiben: niedergelassene Zahnärzte fordern Änderungen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes

Anlässlich des in Kürze beginnenden parlamentarischen Verfahrens über das sogenannte GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) haben sich, organisiert von den 17 Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZVen), bundesweit mehr als 15.000 niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte an einer Protestaktion gegen das Gesetz beteiligt. Ziel der Aktion der KZVen ist die Sicherung der Behandlung von Parodontalerkrankungen nach der neuen Parodontitis-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Diese präventionsorientierte Behandlung wird durch die aktuelle Gesetzesfassung quasi abgeschafft.

Zum Hintergrund: Erst 2021 wurde gemeinsam mit den Krankenkassen, der Ärzteschaft, den Patientenvertretern und den Fachgesellschaften die moderne, präventionsorientierte Parodontitis-Therapie in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen - und dies unter Mitwirkung des Bundesgesundheitsministeriums. Neben den unmittelbar positiven Auswirkungen für die Mundgesundheit kann die Parodontitis-Therapie Herz-Kreislauferkrankungen verhindern, die Wechselwirkung mit Diabetes ist wissenschaftlich belegt und weitere durch die chronischen Entzündungen der Parodontitis ausgelösten Krankheiten unterstreichen die Bedeutung der Parodontitis-Behandlung. Die Aufnahme der dreijährigen sogenannten Therapiestrecke in den GKV-Leistungskatalog war ein großer Fortschritt für eine präventionsorientierte Gesundheitsversorgung. Über das Instrument der nun geplanten Budgetierung entzieht das Gesetz der Versorgung die erforderlichen finanziellen Mittel mit gravierenden Folgen: Begonnene Behandlungen, die sich nach der Richtlinie über drei Jahre erstrecken, können dann zu Teilen nicht zu Ende geführt und neue Behandlungen gar nicht erst begonnen werden. Davon sind mehr als 30 Millionen Versicherte deutschlandweit betroffen, denen der rechtlich zugesagte Leistungsanspruch auf eine wirksame Parodontal-Behandlung durch dieses Gesetz wieder entzogen wird. Neben diesen für die Versorgung gravierenden Auswirkungen muss sich der Bundesminister die Frage gefallen lassen, warum ausgerechnet in dem Bereich des Gesundheitssystems, der durch konsequenten Ausbau von Prophylaxe und Prävention seinen Anteil an den GKV-Ausgaben von 2000 bei 9 % liegend auf heute nur 6 % heruntergefahren hat, nun eine Budgetierung eingeführt werden soll. Wie wenig durchdacht dieser Ansatz ist, zeigen die Konsequenzen für die Parodontal-Behandlungen.

Der Gesundheitsausschuss des Bundesrats hat daher nach aufklärenden und konstruktiven Argumenten der KZBV und der KZVen sowie Gesprächen der jeweiligen Landesgesundheitsminister mit Vertretern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen in den Ländern gefordert, das Gesetz an dieser Stelle zu ändern und die Parodontitis-Behandlung weiter zu ermöglichen.

Vor den in den kommenden Sitzungswochen beginnenden entscheidenden Verhandlungen des Gesetzes im Deutschen Bundestag fordern die unterzeichnenden Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte vom Bundesgesundheitsminister, auf diese in keiner Weise nachvollziehbare Leistungskürzung zu verzichten und beim Gesetz nachzubessern.

„Es ist gelungen, die Landesgesundheitsminister davon zu überzeugen, dass dieses Gesetz in der jetzigen Fassung fatale Auswirkungen nicht nur für die Mundgesundheit, sondern wegen der eindeutig belegten Zusammenhänge von Parodontitis etwa mit Herzkreislauferkrankungen und Diabetes, auch insgesamt für die Gesundheit der Patientinnen und Patienten hätte“, so Dr. Jochen Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt. „Herr Minister Lauterbach hat öffentlich angekündigt, dieses Gesetz werde ohne weitere Änderungen durch den Bundestag gehen. Dem widersprechen nicht nur die Gesundheitsexperten der Länder, sondern bundesweit mehr als 15.000 Zahnärztinnen und Zahnärzte, allein 644 aus Sachsen-Anhalt. Herr Minister, hören Sie auf diejenigen, die Tag für Tag die Menschen behandeln und gewähren Sie den Patienten auch zukünftig die notwendige medizinische Versorgung!“

Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, die ebenfalls vehement für Änderungen an dem Gesetz eintritt, ergänzt: „Dies ist eine klare Botschaft an den Bundesgesundheitsminister: Mehr als 15.000 niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte, die in der täglichen Praxis erleben, was die faktische Abschaffung der erst im vergangenen Jahr im Konsens mit den Krankenkassen, den Patientenvertretern, den Fachgesellschaften und dem Bundesgesundheitsministerium verabschiedeten Parodontitis-Therapie für die Gesundheit ihrer Patienten bedeuten würde, setzen hier ein eindeutiges Signal, das der Minister nicht ignorieren kann. Die klare Haltung der Kolleginnen und Kollegen gibt uns auch Rückenwind für die Gespräche und Anhörungen im nun beginnenden parlamentarischen Verfahren“.

Ein Gesetz, insbesondere eines, das Auswirkungen für das Funktionieren des deutschen Gesundheitssystems und damit die medizinische Versorgung der Bevölkerung hat, wird nicht vom Gesundheitsminister diktiert, sondern in einem parlamentarischen Verfahren von den Mitgliedern des Deutschen Bundestages als Gesetzgeber beschlossen. Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen sind zuversichtlich, dass in diesem Verfahren ihre Argumente im Interesse der Patientinnen und Patienten Berücksichtigung finden und, wie auch vom Gesundheitsausschuss des Bundesrats gefordert, die großen Fortschritte in der Parodontitis-Behandlung nicht durch dieses Gesetz zunichte gemacht werden.